Sonntag, 12. August 2007

Tag 3: John Nelson

Am 28. Januar 2008 sollte John Nelson das erste Opfer der Hammer-Krise (so wurden die Vorfälle mittlerweile genannt) werden. Nelson war schon seit früher Kindheit ein Einzelgänger. Er war ein Hüne, neigte zur Dicklichkeit und war zudem ob seines markanten Gesichtes mit übergroßen Sinnesorganen sowieso nicht mit übermäßiger Schönheit gesegnet. Bösen Zungen hätten behaupten können er sei direkt aus einem Shelleyroman entsprungen. Sein einziger Freund aus der Schule war Steve Staunton mit dem er nun auch wieder ein paar Wochen nicht geredet hatte. Auch in anderen Bereichen konnte er den Anschluss an die Gesellschaft nicht erreichen. Er war weder in einem Verein aktiv noch ging er zur Kirche. Bei gelegentlichen Clubbesuchen vergrößerten die äußerst merkwürdigen Gesprächsthemen, die er seinen Mitmenschen anbot nicht seinen Freundeskreis sondern schreckten eher ab. Wer unterhält sich schon gerne freiwillig mit einem Fremden über lustige Todesarten oder Wasserleichen?
Seit er die Schule abgeschlossen hatte und nun nicht mehr dazu gezwungen wurde sich wenigstens etwas in die Gesellschaft zu integrieren verbrachte John nun die meiste Zeit vor seinem PC in der Hoffnung auf die geniale Idee, die ihn retten und der Welt das beste Stück Science-Fiction bescheren sollte. Für den Falle des Misserfolges hatte er zum Spass einen kleinen Amoklauf geplant. Als verschrobener Einzelgänger verschrien noch dazu mit von Standes her geringem sozialen Prestige passte John genau in das Beuteschema eines panischen Mobs.
Und dieser Mob sollte ihn dann letztendlich auch sein Verhängnis werden. Über Nacht wurde nämlich aus der einstigen Suche nach dem 'Mann mit der großen Nase' eine regelrechte Hexenjagd geworden. Alle religiösen Fanatiker, die sich damit brüsten wollten, dass ihnen dieses Zeichen Gottes, was es nun anscheinend für den Großteil der Erdbevölkerung war waren entlarvt worden. Das Suchen ging also fieberhaft weiter und die Massen wollten nun unbedingt endlich erfahren, wer denn der Messias sei. So kam es zu den wildesten Spekulationen die natürlich landesbedingt unterschiedlich waren. In den Vereinigten Staaten verdächtigte man Barbara Streisand und es kamen wie so oft Gedanken einer jüdischen Weltverschwörung auf, in Deutschland war Mike Krüger, der Kerl mit dem Nippel zumindest für kurte Zeit der Heiland und in Frankreich schließlich wurde von jedem zweiten Mann angenommen Urheber der Geschichte zu sein denn dort hat bekanntlich jeder eine ziemlich große Nase.
So rotteten sich auf der ganzen Welt die religiösen Spinner, die Erlösung Suchenden, all die verlorenen Seelen, und vor allem diejenigen, die nichts besseres zu tun hatten zusammen um regelrechte Pilgerreisen zu all den Häusern, in denen man Menschen mit großen Nasen vermutete zu veranstalten. So auch in Blackpool, der Heimat des John Nelson. Gegen 14:15, John war gerade beim Mittagessen, drangen etwa 30 Menschen unterschiedlichen Alters mit Gewalt in die Abbey Road 476, ein. Er wurde zur Rede gestellt und stritt mit der Begründung niemals in einem Tesco gewesen zu sein ab die gesuchte Person zu sein. Doch die Masse wollte ihm nicht glauben.
Nach abermaligem Abstreiten bedrängten sie John dermaßen, dass er kaum noch atmen konnte. Er schlug wie wild um sich, er trat in die Masse, er versuchte alles um sich aus der beklemmenden Situation zu befreien. Doch sein Leben war vertan. In einem wahren Blutrausch rissen die Pilger erst an seinen Kleider, dann an den Haaren und schließlich am nackten Fleisch. Innerhalb kürzester Zeit war Nelson im wahrsten Sinne des Wortes zerfleischt worden und die Pilger lagen nackt und nach Wahrheit heischend um das Skelett herum. Der Mob war in ein neues Stadium des Glaubens angelangt. Er war in den Untiefen des Fanatismus.
Das besonders tragische an diesem ersten Todesfall der Hammer-Krise war, dass sich niemand später jemals an John Nelson erinnern konnte. Von nun an war er nur noch unter dem Aktenzeichen JN-280108-2 existent. Nelson liegt unter falschem Namen auf einem Friedhof im Lande.

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